Es beginnt wie ein Märchen: Ein junger Mensch, nennen wir ihn Hans, wird nach vielen Jahren Dienst von seinem Arbeitgeber fürstlich entlöhnt. Froh macht er sich mit seinem Goldklumpen auf den Weg nach Hause.
Bald aber drückt der Klumpen, wird schwer und schwerer. In diesem Moment kommt ein Reiter des Wegs. Hans ist sofort besessen vom Wunsch, ein Pferd zu haben, das für ihn weit nützlicher wäre als ein Klumpen Gold: Man kommt schneller vorwärts, sieht was von der Welt; und dabei drückt einem nichts der Schulter. Zu seinem Glück ist der Reiter sofort bereit, auf den Tausch einzugehen, und Hans reitet in den Morgen hinein. Bald will er etwas schneller unterwegs sein, gibt dem Pferd die Sporen. Und wird prompt abgeworfen. Im Strassengraben kommt ihm die Erkenntnis, dass ein Pferd doch nicht nur Vorteile hat.
1. Lektion
Wäre das Märchen hier fertig, hätte man schon eine schöne Lektion für das eigene Leben gelernt: Wie Hans sind wir manchmal fixiert auf eine Sache oder Idee. Dafür geben wir viel auf, weil wir uns so viel davon versprechen. Schon nach kurzer Zeit aber verliert das Neue seinen Glanz; wir wollen etwas Anderes, Neues, noch Besseres. Und wie in unserem Leben ist auch im Märchen sofort etwas Anderes zur Hand: Der Bauer, der das durchgehende Pferd von Hans einfängt, kommt dem Wunsch des Runtergepurzelten nach und tauscht seine Kuh gegen das Pferd. Erneut macht sich Hans auf den Weg, zufrieden mit sich und seiner Welt, in der sich seiner Meinung nach ein Missgriff so schnell zu etwas Positives wandelt.
2. Lektion
Auch an dieser Stelle wäre ein schönes Ende für die Erzählung: Die Einstellung den Dingen gegenüber macht das Glücksgefühl aus, nicht das Ding an sich. Oder anders: Hans ist zufrieden mit der Kuh, weil sie für ihn im Moment besser passt. Dass sie weniger wert ist und deshalb sein Tausch für die „normalen Leute“ ein Verlustgeschäft darstellt, kümmert ihn nicht. Er ist schliesslich Hans und nicht „die anderen“!
Er ist schliesslich Hans. Und als Hans löst er seinen Unmut darüber, dass die neu erworbene Sache doch nicht in allen Punkten glücklich machen kann, immer mit dem gleichen Muster auf: Er redet sich mit guten Argumenten etwas Neues ein, das scheinbar besser ist. Und wenn die Argumente gut genug sind, lässt er sich sogar normale Steine aus dem nächstgelegenen Acker andrehen.
Und wo bleibt das Märchen? Das bahnt sich mit dem letzten Tauschgeschäft an: Wie am Anfang der Geschichte drückt ihn die Last, die er sich erworben hat: An die Stelle des für ihn nutzlosen Goldklumpens sind die ebenso unnützen Steine getreten. Durstig kommt er zu einem Brunnen und legt die Steine sorgfältig auf den Rand, um sie nicht zu beschädigen. Als er sich zum Trinken niederbeugt, stösst er die Steine an und sieht sie im Wasser verschwinden.
3. Lektion
Und was macht er? Er bedankt sich, dass er nun, ohne eine Einschränkung, seines Weges gehen kann. Der Wahn, das eine gegen das andere auszutauschen, ist verflogen. Nur schon für diese Erkenntnis waren die Steine Gold wert!
Und so hört es auf wie ein Märchen: „Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war.“
Nächster Lichtabend
In diesem Sinne möchten wir Dich einladen, am nächsten Lichtabend die Steine, die Du mit Dir herumträgst, abzulegen und Dein Herz mit Licht und Leichtigkeit zu füllen.
Donnerstag, 16. Mai 2019 ab 19 Uhr
Wie immer bitte anmelden über die Homepage oder per Mail vihuma@bluewin.ch
Herzliche Maigrüsse
Victoria & Hubert